Zeitliche Einordnung bis zur Verwirklichung

Die vorrangige Frage ist nun: “Wenn bereits die ursprüngliche Vision des Internets von Tim Berners-Lee aus dem Jahre 1989 grobe Züge der Idee des semantischen Webs enthielt, warum hat es so lange gedauert, bis davon ein Teil überhaupt realisiert worden ist?”

Laut Nova Spivak, dem CEO von Radarnetworks, der Betreibergesellschaft von Twine, hat dies verschiedene Gründe. Zum einen war die Wissenschaft in den Anfängen zu fokussiert auf eine Lösung durch künstliche Intelligenz, zum anderen waren die Technologien unreif. Es waren keine greifbaren Werkzeuge verfügbar. Außerdem war der Bedarf nach offenen, interoperablen Daten nicht groß genug und die Entwicklung ging eher in Richtung geschützter, proprietärer Unternehmensdatenbänke. Nicht zuletzt war die auf Schlagworten basierende Suche wegen der halbwegs überschaubaren Datenmenge bis heute völlig ausreichend. Es wurde bis dato keine Killerapplikation entwickelt, die selbst auch nur einer der semantischen Technologien zum Durchbruch verholfen hätte.¹

Die grundlegenden Technologien RDF, RDFS und OWL sind festgelegte Standards und hatten die letzten Jahre Zeit, den Kinderschuhen zu entwachsen. Diese Technologien können, wie folgenden Ausführungen zu den Anwendungsbeispielen eindrucksvoll demonstrieren, ohne die höheren Schichten “Logic”, “Proof” und “Trust” bereits verwendet werden. RDF wird in immer mehr Softwareanwendungen als Standard zur Beschreibung von Metadaten implementiert werden, und so werden verschiedene Typen von erstellten Dateien (Text, Bild, Audio etc.) mit einer einheitlichen Metabeschreibung versehen. Weiterhin beginnt das Interesse an dem Thema zu wachsen. Führende Unternehmen wie HP oder Adobe integrieren die Standards mittlerweile in ihren Softwareprodukten. Auch führende Suchmaschinen wie Google oder Yahoo loten die Möglichkeiten für sich aus und Mobilfunkunternehmen nehmen sich dem Thema an, um die Nutzung des Internets über das Mobiltelefon interessanter zu gestalten. All diese Entwicklungen werden ihre Zeit bis zur Marktreife brauchen, es ist aber zu erwarten, dass innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre immer mehr “early-adopter”-Produkte auf den Markt drängen.

Umfangreichere Ontologien, die mit automatischen Schlussfolgerungen arbeiten, werden noch auf sich warten lassen. Die Standardisierungsprozess einer Technologie, insbesondere einer Universalsprache zum Ausdruck von Logik und den daraus ableitbaren automatischen Schlussfolgerungen, hat bis heute nicht die exploratorische Phase der Standardisierung verlassen. Es ist davon auszugehen, dass noch mindestens drei weitere Jahre verstreichen, bis hierfür ein offzieller Standard vom W3C verabschiedet wird. Ist ein Standard für Logik und automatisches Schlussfolgern festgelegt, werden wahrscheinlich weitere drei bis fünf Jahre vergehen, bis erste greifbare Applikationen entwickelt werden.²

Das Marktforschungsunternehmen Gartner geht in seiner Studie zum semantischen Web “Finding and Exploiting Value in Semantic Web Technologies on the Web” aus dem Jahre 2007 davon aus, dass innerhalb der nächsten zehn Jahre durch webbasierte Technologien die Möglichkeit, semantische Strukturen in Daten einzubinden, stetig verbessert wird. Im Jahre 2017 soll die vollständige Evolution des semantischen Webs abgeschlossen sein und der Großteil der Webseiten im WWW mit semantischem Hypertext versehen sein. Im Jahre 2012 schon sollen laut Gartner 80 % der öffentlichen Webseiten über ein gewisses Nivau an semantischen Beschreibungen verfügen und 15 % der öffentlichen Webseiten werden exzessiven Gebrauch von webbasierten, semantischen Ontologien machen, um damit semantische Datenbanken zu erstellen.³

Damit kommen wir zum letzen Teil: Den Anwendungsbeispiele aus der Wirtschaft, dem Gesundheitswesen und im privaten Bereich.


¹ Nova Spivak (CEO&FOUNDER Radarnetworks) (2008): Making sense of the Semantic Web. Herausgegeben von slideshare. Online verfügbar unter http://www.slideshare.net/BlogTalk2008/spivackblogtalk- 2008, zuletzt geprüft am 10.05.2008. Folie 24

² Dr. Brian Matthews: Semantic Web Technologies. Unter Mitarbeit von Dan Brickley, Leigh Dodds. Herausgegeben von CCLRC Rutherford Appleton Laboratory. JISC Technology and Standards Watch. Online verfügbar unter http://www.jisc.ac.uk/uploaded_documents/jisctsw_05_02bpdf.pdf, zuletzt geprüft am 10.05.2008.
³ David W. Cearley, Whit Andrews, Nicholas Gall (2007): Finding and Exploiting Value in Semantic Technologies on the Web. Gartner Research Report, May 2007. Herausgegeben von Gartner. Online verfügbar unter http://www.gartner.com/DisplayDocument?ref=g_search&id=505304, zuletzt geprüft am 09.05.2008.

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